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Kunstgewerbe

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In den Jahren ab ca. 1918 bis zur Uebersiedlung 1924 nach Saarbrücken betätigte sich Otto Zollinger vor allem im Kunstgewerbe. Es war wirtschaftlich eine schwierige Zeit für Architekten nach dem Weltkrieg in der Schweiz.

Am Zeltweg 74 betrieb Zollinger eine private Kunstschule, wo er seine Schülerin Freda Streiff (meine Grossmutter) kennenlernte, welche dann ab 1919 seine Ehefrau wurde. Ihr künstlerisches Schaffen wird in einem separaten Kapitel gewürdigt.

Die kunstgewerbliche Tätigkeit Zollingers in dieser Zeit umfasste

  • Entwurf von Möbeln

  • Handel mit Kunstgewerbe wie Möbel, Kunstwerke, Dekorationstoffe usw.

  • Planung von Innenmöblierungen

  • Dekorationen für Feste und Bälle

  • Bühnenbilder für Schauspielhaus und Stadttheater Zürich (heute Opernhaus)

  • Pyrotechnisches Programm der Feuerwerke an zwei Zürcher Seenachtsfesten

Da von diesen Tätigkeiten kaum Bilder existieren, sollen ausgewählte Presseartikel mit teilweise ausführlichen Beschreibungen eine Vorstellung vermitteln. Diese stammen alle aus dem Stadtarchiv Zürich.

Bettpodium eines Schlafzimmers. Bett olivgrün Schleiflack, Vorhangträger & Bibliothek grün-gold, Vorhänge resedagrün, Bänder rosa & grau. Wände gold, Podiumvorhänge schwarz

Otto Zollinger: Entwürfe Möbel, Schnitzereien, Intarsien, Lampen sowie Gesamtentwürfe

Freda Zollinger-Streiff: Malereien auf Möbel, Wandbehänge, Wandbespannungen, Glasscheiben

Kunstgewerbeausstellung Zeltweg 74
Zürich, ca. 1918

Zeitung unbekannt

Eine originelle kleine Ausstellung hat Architekt Otto Zollinger in drei Parterreräumen seines Hauses am Zeltweg (74) veranstaltet, originell nicht nur in Bezug auf die Kunstobjekte, sondern auch auf das Arrangement, das in geschmackvoller Mischung Stoffe, Möbel, Bilder, Plastiken, Stickereien, Keramiken, Spielzeug zu einem anregenden Ensemble vereinigt. Hr. Zollinger hat sich mit seinen nach Erfindung der Muster wie nach Farbenkombination das Auge ergötzenden Stoffen, die bei Schmid in Richterswil überaus sorgfältig gedruckt werden, eine Spezialität schönster Art geschaffen. Die Verwertungsmöglichkeiten werden an Möbelbehängen, an Vorhängen (mit denen die Fenster der Räume versehen sind) u. dgl. auf überzeugendste Weise demonstriert. Um bedruckte Seidenstoffe (Pongé, Atlas, Crêpe de Chine) handelt es sich. An den Wänden hängen Bilder (meist kleineren Formats), Graphik, Zeichnungen, Stickereien von P. Bodmer, H. Huber, Helbing, Hügin, Tscharner, Gimmi, Morgenthaler, Hosch, E. Zeller, Stiefel, Rabinowitsch, Séguin u.a., sozusagen ausnahmslos Arbeiten von eigenem Reiz und durchaus charakteristischem Gepräge. Dazu Plastikschöpfungen von Hermann Haller, Jul. Schwyzer, Hubacher, Bick, Hünerwadel, Jul. Martin, Behn und weiteren.

Dann eine besondere Originalität dieser durchaus beachtenswerten Ausstellung: Frauenkleider die Felicitas Haller, des Plastikers Gattin, geschaffen hat und die dem einen Zimmer einen märchenhaften Farbenglanz schaffen, indem sie offen in einem stattlichen alten Kasten hängen und über dessen Türen gebreitet sind.

Kunstgewerbemuseum Zürich 1921.jpg

Kunstgewerbemuseum Zürich
Die Stockholmer Ausstellung, 1921

NZZ 8.9.1921

In zwei Räumen zeigt der vielseitige Zürcher Architekt und Kunstgewerbler Otto Zollinger Arbeiten seiner Werkstatt. Ein prächtiges Bild bietet der Pavillon, wo die Stoffdrucke nach des Künstlers Entwürfen in guter Aufmachung zur Schau stehen. Die Kollektion legt in eindringlicher Weise dar, zu welch schönen Ergebnissen der neuzeitliche Stoffdruck geführt hat. Diese Wandbehänge, Kleider- und Möbelstoffe zeugen sowohl für den vornehmen farbigen Geschmack Zollingers wie auch für sein um keine neue Variante verlegenes formschöpferisches Talent. Formalstrenge Motive wechseln mit ausgelassenen farbenfrohen Spielereien, die wie zufällig hingeworfen sind. Ueberall verrät sich aber beim näheren Betrachten eine wohlerwogene Absicht, die zur trefflichen Flächenaufteilung führt.*)

 

Phantasievolles Arbeiten lässt sich auch an den Möbeln Zollingers verfolgen. Da ist ein Büffet mit dazugehörender Kredenz in Nussbaum, fest und breit aufgebaut, aber eigenartig belebt durch Kerbungen und Auszackungen an der Basis, dazu der mit dem Schlangenmotiv prachtvolle Aufsatz und die geschmackvoll behandelten geäzten und geschliffenen Glasscheiben der Kastentüren. Einen andern, für nicht zu hohe Räume berechneten Möbeltyp vertreten ein Bücherschrank und ein weiteres Büffet. Bei diesen streng kubisch gehaltenen, gedrungenen Stücken öffnet sich die Vorderseite in starker Abschrägung nach der Tiefe zu, so das die zurückliegenden, durch Glastüren abgeschossenen Schrankfächer wie von einem quadratischen Rahmen eingefasst erscheinen. Gedämpfte farbige Intarsien beleben die strengen Flächen, die in anschaulicher Weise für die Verwendungsmöglichkeiten des einfachen, glatten Brettes beim Möbelbau zeugen.

Nehmen die genannten beiden Stücke auf Kosten des originellen Aeusseren etwas wenig Rücksicht auf Raumersparnis und -Ausnützung, so gibt ein langgestrecktes, schlichtes Büffet mit einfachem Aufsatz, das neben der Schönheit des Holzes einzig mattfarbigen, grossflächigen Intarsienschmuck sprechen lässt, ein wahrhaft vollendetes Beispiel für die künstlerische Veredelung einer primitiven Zweckform.

Spielerische Feinheiten und fröhliche Einfälle findet man bei den Möbeln zum Wohn- und Arbeitszimmer einer Dame. In dunkel gebeizter ungarischer Esche von Gustav Wieland (Zürich) untadelig ausgeführt – die wundervolle Maserierung des Holzes bietet allein schon eine köstliche Augenweide - , zeigen diese Stücke zum Teil eine freie Verwendung von Empire-Formen. Anderes, wie der freistehend gedachte Schreibtisch, der durch einen Aufbau in der Art eines aufgeklapppten Hausalters die Schreiberin von der Umwelt abschliesst, ihr durch einen Ausschnitt aber doch ein Ueberblicken des Zimmers ermöglicht, gehört zu den originellen Funden Zollingers. Im Dekor der Einzelformen, helle Intarsien mit geometrischen Mustern und grosse Knöpfe in weiss Email mit roten Malereien, deren jeder eine entzückende Arbeit darstellt, tritt zuweilen ein gewisses Zuviel hervor. Entwürfe zu Wandbehängen und geschmackvolle Figurinen schmücken den farbenfrohen Raum; ein Terrakotta-Kopf Hallers gelangt auf hohem Podest zu eindrucksvoller Wirkung.

Die Gesamtheit dieser Arbeiten stellt der künstlerischen Persönlichkeit Zollingers ein schönes Zeugnis aus. Frisches Wagen verbunden mit einem Verständnis für farbige und formale Werte charakterisieren sie. Daneben fehlt auch der gute Blick für das Praktische nicht. Der Künstler verdiente es, dass ihm auch einmal eine grössere Aufgabe auf dem Gebiet der Innenarchitektur zugewiesen würde.

 

*) Ich gehe davon aus, dass die Stoffentwürfe von meiner Grossmutter Freda Zollinger-Streiff stammen. Siehe separates Kapitel. Aber da Freda vermutlich für und/oder mit meinem Grossvater arbeitete und er der Aussteller war, wurde nicht ihr Name erwähnt sondern derjenige des Ausstellers.

Wehrmänner-Denkmal, Forch, 1922

Siehe separates Kapitel auf dieser Website

Schlafzimmer. Toilettenmöbel in olivgrünem Schleiflack. Fussprofil und durchbrochene Ränder grün-gold, Wandgrunds schwarz

Otto Zollinger: Entwürfe Möbel, Schnitzereien, Intarsien, Lampen sowie Gesamtentwürfe

Freda Zollinger-Streiff: Malereien auf Möbel, Wandbehänge, Wandbespannungen, Glasscheiben

Ausstellung für angewandte Kunst
Palais de Beaulieux, Lausanne, 1922

Nationalzeitung Basel, 18.5.1922

Von den im Katalog versprochenen zwei Zimmern war bei der Eröffnung erst das Wohnzimmer einer Dame da. Man kann lange über die Brauchbarkeit etwa des Schreibtisches oder den Nutzraum des Bücherschrankes im Zweifel sein, staunen muss man über die Gestaltungskraft des Künstlers, der eben diese Stücke, die Fauteuils und das Sopha hervorgebracht und dekoriert hat. Aber er hat sie auch wundervoll hingestellt und mit dem märchenhaften Gemach verbunden. Wenn man lange hinsteht, doch nur dann, und auch dann nur traumhaft, erwachen alte Kulturerinnerung, Gothik am Schreibtisch, Herkulanum und Pompei am runden Tisch, Japan an der Musterung der Möbel und Tapeten. Alles aber in eins verschlungen, von einer fruchtbaren Phantasie neu durchdacht und mit der Moderne in Einklang gebracht.

 

NZZ, 23.6.1922

Otto Zollinger stellte das Wohnzimmer und Schlafzimmer einer zweifellos ganz ihren Liebhabereien lebenden Dame aus. Was dieser phantasievollste und ideenreichste unserer Innenarchitekten hier schuf, ist Luxuskunst und will als solch gewertet sein. Beide Räume sind farbig delikat ausbalanciert, besonders das Schlafzimmer, mit dem wundervollen Zusammengehen von Olivegrün, Rosa und Grau der Bettvorhänge, und einzelne Möbelstücke, wie z.B. das Bett, überzeugen trotz der Fremdartigkeit ihres Aussehens. Mit anderem dagegen, mit dem Schreibtisch und dem Toilettentisch vor allem, vermag man sich nicht recht zu befreunden, die Konstruktion erscheint hier doch zu gewollt originell.

 

NZZ 10.7.1922

Gedanken zur Lausanner Ausstellung von P.B.

Die Räume von Zollinger haben mich nachdenklich gestimmt und zu einer aufs allgemeine gerichteten kritischen Betrachtung gezwungen. Gewiss sind es auf künstlerischem Gebiete immer wieder die genialen oder doch stark ausgeprägten Individualitäten, welche die Entwicklung weiterführen. Aber die Schöpfungen des genannten Architekten erscheinen mir eher als launenhafte Seitensprünge, als forcierter Ausdruck des um jeden Preis Andersseinwollens, denn als überzeugende und wegleitende Neuschöpfungen. Und ich frage mich, ob für die stetige Entwicklung eines soliden Kunstgewerbes dieses rein persönliche (deswegen aber noch lange nicht originelle) Ausleben irgendwie bedeutend und fruchtbringend sein kann? Können wir uns, kaum dass wir uns von den mechanischen Stilimitationen und nachher von der Pseudeofreiheit des Jugendstils bewusst befreit haben, solche Extravaganzen leisten? Die Frage muss unbedingt verneint werden. Denn unser modernes Kunstgewerbe und die meisten seiner Schöpfer sind noch keineswegs in sich gefestigt. Darum richten diese Exzentrizitäten beim Publikum und unter der grossen Zahl der noch recht unsicher schaffenden Kunstgewerbler eine böse Verwirrung an. Das erzieherische Ziel, d.h. einer der wichtigsten Gedanken des Schweizerischen Werkbundes wurde also von der Jury der Lausanner Ausstellung gar wenig ins Auge gefasst, und darum scheint sie mir ihres verantwortungsvollen Amtes nicht gut gewaltet zu haben. Wenn ich diesen Vorwurf erhebe, bin ich mir des Kompromisses bewusst, welcher bei der Zusammenarbeit der beweglicheren, dem leichten und oft theatralischen Schein geneigteren Welschen und dem im allgemeinen strengeren, aber nüchterneren Deutschschweizer notwendigerweise eintreten musste. Aber wenn man weiss, dass z.B. Möbelentwürfe eines sehr bewährten Künstlers des Schweizerischen Werkbundes von der Jury zurückgewiesen wurden, so wird es einem klar, wie launenhaft diese Jury war und wie milde gegen gewisse gefährliche Auswüchse. Das aber bedeutet Missachtung eines Grundgedankens der Werkbundbewegung.

 

Anmerkung: Otto Zollinger war Mitglied des Schweizerischen Werkbundes (Nationaler Verein für gestalterische und handwerkliche Berufe) und dessen Jury hatte auch seine Objekte für die Ausstellung zugelassen.

Wohnzimmer einer Dame. Ungarische Esche, blauschwarz porzellangemalte Knöpfe und Bandintarsien
Wohnzimmer einer Dame. Ungarische Esche, blauschwarz porzellangemalte Knöpfe und Bandintarsien
Atelier der Kunstgewerblerin Lucie Welti. Möbel gelb-braun-schwarz gestrichen. Wände blau

Otto Zollinger: Entwürfe Möbel, Schnitzereien, Intarsien, Lampen sowie Gesamtentwürfe

Freda Zollinger-Streiff: Malereien auf Möbel, Wandbehänge, Wandbespannungen, Glasscheiben

Bühnenball, Zürich, 1922

NZZ 21.1.1922

Stärker den je war der Besuch des traditionellen Zürcher Bühnenballs, den die Solomitglieder unseres Stadttheaters (heute Opernhaus) diesmal an die Peripherie der Stadt, hinauf ins Waldhaus Dolder verlegt hatten. Das unermüdliche rote Dolderbähnchen schaffte gegen 600 Festfrohe an den Waldrand hinauf, wo ihnen die Dekoration der Räume die erste Ueberraschung brachte. Otto Zollinger, dem Albert Isler als gewiegter Bühnenbaumeister zur Seite stand, hatte den Dekorationsplan entworfen und mit Hilfe farbigen Papiers namentlich aus dem hinteren Restaurant einen bunt-fröhlichen, an lauschigen Ecken gleichen Zaubergarten geschaffen. Der grosse, kraftvoll-einfach aufgeteilte Saal hatte sich im Tageslicht ebenfalls sehr wirksam präsentiert, erhielt aber durch die gedämpfte künstliche Beleuchtung, die einigen farbigen Papieren und vielen Toiletten (Kleidungen) nicht sehr gewogen war, ein eher düster-stimmungsvolles als festlich-frohes Gepräge. Das gab aber der Tanzfreudigkeit nicht den geringsten Einhalt. Sie fuhr dem Jungvolk sogleich in die Beine, setzte auch das Mittelalter in Bewegung und führte selbst im stattlichen Kreis der grauen und silberweissen Besucher manches frohes Paar auf das gewichste Parkett.

Züricher Frühlingsfest, 1922

Auszug aus einer unbekannten Zeitung

Der Titel des diesjährigen „westöstlichen“ Frühlingsfestes vom Lesezirkel Hottingen hiess „Der Traum der Europa“. Es lag dem Spiele die Geschichte zu Grunde, dass die Ueberlebenden des gescheiterten Schiffes „Europa“ auf einer Insel im Orient landen und dort, von einem indischen Magier geführt, im Reiche des Aufgangs der Sonne, am heiligen Strome Erweckung, Erneuerung, Verjüngung trinken. In einem Festzuge, der sich in den Räumen der Tonhalle entfaltete, in dessen Einzelgruppen über 500 Kostümierte auftraten, kam der Orient mit seinen märchenhaften Herrlichkeiten den Schiffbrüchigen entgegen: Arabien, Persien, Indien, Insulinde, China und Japan. Sämtliche Räume der Tonhalle waren durch Einbauten in ein indisch-chinesisches Märchenreich umgeschaffen worden. An den künstlerischen, höchst gelungenen Entwürfen beteiligten sich u.a. Architekt Otto Zollinger, die Maler Otto Baumberger, Eduard Stiefel, Alber Isler und der Bildhauer Adolf Meyer. Hunderte von Händen waren wochenlang für dieses Fest in Bewegung, auch jede Gruppe war einem erfahrenen Künstler unterstellt, jede Einzelheit mit Liebe bedacht. Den umfänglichen musikalischen Teil hatte Max Conrad, der Kapllmeister der Oper, teils selbst komponiert, teils arrangiert. Die Regie des Festes führte der neue Direktor der Oper, Paul Trede. 3000 Menschen füllten die Tonhalle, über 1000 Kostümierte. Es dürfte wohl kaum eine Stadt in Europa geben, in der ein derartiges, bis ins Einzelnste künstlerisch vorbereitetes Fest möglich wäre.

Seenachtsfeste Zürich

Otto Zollinger war der Entwerfer des pyrotechnischen Programms

Karl Hamberger war zuständig für Lieferung und Zündung der Feuerwerkskörper

1922

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Volksblatt Meilen. 4.9.1922

Schon einige Stunden vor der mit grosser Spannung erwarteten Veranstaltung brachten die einlaufenden Abendzüge eine Menschenmenge in die Stadt, einen an das Stadtbild am Sechseläuten erinnernd. Gegen 8 Uhr war das Seeufer, vom Mythenquai bis hinaus zum Zürichhorn, schon von Tausenden mit Geduld der Dinge, die da kommen sollten, harrend, besetzt. Die Betrachtung der schönen Uferbeleuchtung und das Gewimmel unzählbarer lampiongeschmückter Schiffe auf dem See, konnten die Wartenden die Zeit erheblich verkürzen, auch der einsetzende Regen vermochte die Neugierigen nicht auseinander zu treiben. Das Feuerwerk, vom bekannten Architekten Otto Zollinger zu einer eigenartigen, einheitlichen Komposition „Der Wunderteich“ zusammengestellt, darf wohl zum Schönsten zählen, was bisher in Zürich in dieser Hinsicht geboten wurde. Prächtige Farbenmotive leiteten zu den eigentlichen „Schlagern“ über, von denen der Goldregen, die Kaskaden und das Schlussbukett den lebhaftesten Beifall der Menge ernteten.

1923

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Zeitung unbekannt. 25.8.1923

Das Programm für das grosse Seenachtfest am 1. September ist erschienen. Das Feuerwerk, das auf sechs grossen Schiffen auf dem See abgebrannt wird, trägt den Titel „Ein Spätsommernachtsspuk“ und umfasst fünf Bilder, die Neues und Eigenartiges bringen. Das erste Bild trägt die Bezeichnung „Der Gruss des Königs“, das zweite „Der Fächer der Pompadour“, das dritte „Der Zaubergarten“, das vierte „Die Orakelfontaine“ und das fünfte „Das verhexte Schloss“, das dann direkt zum Riesenschlussbukett überleitet. Architekt Otto Zollinger, der schon dem letztjährigen Feuerwerk seine besondere Note verliehen hatte, hat sich auch diesmal wieder seiner angenommen; ausgeführt wird die Feuerkomposition von Karl Hamberger. Der Gondelkorso nimmt im Programm einen bedeutenderen Platz ein als sonst; zu den freien Fahrten kommt als Abschluss des Festes ein Defilee mit Prämierung der schönst dekorierten Boote, die Preise im Gesamtbetrag von 500 Fr. erhalten werden. Der 1. September ist für das Fest deshalb gewählt worden, einmal weil dann die Sommerferien vorbei sind und dann aber auch, weil sich um diese Zeit Fremde in grösserer Zahl aus den Höhenkurorten vor der Heimreise in Zürich aufhalten.

 

Zürcher Post. 3.9.1923

Dem Schauspiel am See war kaum ein zweiter Platz so günstig, als die über hunderplätzige Tribüne, die das Hotel Bau au Lac für seine Gäste aufgerichtet hatte. Der See wurde zum Präsentierbrett, auf dem die ungezählten Boote mit ihren roten Lampions ein entzückendes froh-festliches Gewimmel veranlassten. Dahinter, Riesenlichtdreiecken gleich, die grossen Dampfer postiert. Schattenhaft schwebten Segel durch’s venetische Bild, von grünem Bengalfeuer unverhofft als bleiche Gepenster entlarft. Und dann mitten im zaubrisch schönen Bild der „Spätsommernachtsspuk“ der Herren Zollinger und Hamberger. Ein launig, knatterndes königliches Präludium mit Zickzack-Silberkugeln. In weiten, flachen Bogen ausholend, höher und höher sich entfaltend ein „Raketenfächer“, Gold, Silber und zarte Farben zur Augenweide mischend. Ein Bild, das Begeisterung entfachte, der „Zaubergarten“ mit lockenden Irrlichtern, aufspriessenden Feuerblumen, hochschiessenden Sonnen und Garben. Sämtliche Echos der Stadt wurden darob munter. Die „Orakelfontaine“ ergab eine vielgestaltige Raketiade, gefolgt von mächtigen Silberbouquets, deren Schönstes, die wechselnden Reflexe auf weitem Wasserspiegel waren. So schön das Bild, muss doch der Komposition irgend etwas nicht gelungen sein. Jene Schlusssteigerung, die in Tausenden das gleiche Gefühlt auslöst, unbeschreibliches Schönes gesehen, erlebt zu haben, blieb aus. Auch zu Wasser schien Unsicherheit zu herrschen. Man wartete, bewegte sich schliesslich Richtung Hotel Eden, aber der angesagte Prämierungskorso wollte nicht recht zustande kommen. Stimmungsvollsten Ausklang genoss, wer sich von der Hoteltribüne nach dem Garten wandte. Man glaubte sich, zwischen weiss-roten Lämpchen und tief hängenden grün-roten Lampions wandelnd, in einen japanischen Märchengarten versetzt. Es war ein Bild, das jedes Malers Auge entzücken musste.

 

Beim Schlussbukett hatte offenbar nicht alles funktioniert wie geplant, es hatte sich nicht voll entfaltet, es gab Unterbrüche und war nicht von allen Standorten gut sichtbar. Es wurde deshalb in diversen Zeitungen kritisiert.

 

NZZ. 5.9.1923

Stellungnahme von Otto Zollinger.

Otto Zollinger: Zu den Auslassungen, welche ich mir nun zu Herzen gehen lassen sollte, möchte ich hier gerne auch noch einige zufügen. Es ist unbestritten wahr, dass dem Schlussbild „Das verhexte Schloss“ die Kulmination fehlte – im Bilde gesprochen, das Schloss ist nicht explosiv geborsten. Die Teilkompositionen dieses Bildes waren absolut schön wie die Bilder 1, 3 und 4, aber es fehlte der Zusammenhang, wie er auf meinem Abbrennungsprogramm vorgeschrieben gewesen ist. Die Einschaltung von vier, von mir ungewollten Pausen innerhalb der Bildentwicklung, beruht auf einem Missverständnis auf Seiten der Anzündenden und nicht auf pyrotechnischen Unmöglichkeiten im Innehalten von verlangten Zeitmassen. Das letzjährige Feuerwerk, das in der ganzen Schweizerpresse ungeteilten Beifall und bei der Menge Beifall durch Händeklatschen hervorgerufen hat, stellte z.B. an die Innehaltung von Zeitmassen und der Steigerung von Tempos weit höhere Ansprüche. Beim „Fächer der Pompadour“ verhinderten ebenfalls die verlangsamten Tempi die beabsichtigte Wirkung.

Ein Zufall hat nun eine Erfahrung gebracht, welche bei der Komposition von Feuerwerk die wichtigste ist. Die Ausnützung dieser Erfahrung wird zeigen, dass der neue Weg trotzdem begehbar ist, und dass es nicht nötig ist, reumütig und mutlos die alten Furchen weiter auszutreten. Wer so veranlagt ist, dass er beim restlos Gelungenen, also den Bildern 1, 3 und 4 die Schönheiten sehen konnte, wird auch kaum im Wüten denen mithelfen, die nun das Ganze verschimpfen, weil der Schlusseffekt als Ganzes ausgeblieben ist. Das Missverständnis ist ja sehr bedauerlich und hat mir selbst die grösste Enttäuschung gebracht, aber es „menschelet“ leider bei Feuerwerken, und darum möchte es auch manchem Besserwisser vielleicht passieren, dass ihm mal so ein Sommernachtsspuk verspukt wird. Uebrigens scheinen trotz alledem die meisten derjenigen, welche auf den Schiffen und auf der Route Bellevue-Tonhalle zugeschaut haben, mir freundlicher gesinnt, als diejenigen vom Utoquai, welche das auf die Front komponierte Feuerwerk von der Seite gesehen haben, wo es verkürzt wirken musste, Man wir also Kompositionen in Zukunft so zu pfegen haben, dass eine Wirkung ringsum möglich ist.

Shakespeares „Sommernachtstraum“

Schauspielhaus Zürich 1923

Hier einige Zeitungsauszüge betreffend das Bühnenbild von Otto Zollinger.

 

Neue Zürcher Nachrichten. 10.4.1923

Herr Direktor Wenzler liebt die grellen Farben, das Aufgesteilte, Geballte, Laute. In Otto Zollinger scheint er seinen Mann gefunden zu haben. In Shakespeare sein Opfer.

Der neue Bühnenbildner, der Zürcher Architekt Otto Zollinger, liess es an Originalität nicht fehlen. Da spielten die Szenen am Hofe Theseus vor den apartesten Tapetenmustern. Da war vor allem ein Wald, dessen eigenwillige Formen und Farben der kunstvollen Durcharbeitung nicht entbehrten und den eigene Bahnen wandelnden Schöpfer des zürcherischen Wehrmännerdenkmals nicht verleugneten. Aber war es der Wald Oberons und Titanias? Ich weiss gewiss jede vom Gewöhnlichen sich abwendende Auffassung in diesen Dingen zu verstehen, frage mich aber in diesem Fall doch: Hat der Regisseur (Hr. Wenzler) hier nicht zwei Kunstgattungen zusammengeführt, die sich nicht vertragen und hat Zollingers glutvoller rot-silbener Tropenwald nicht die holde Märchenstimmung, die uns bei Reinhardts Inszenierung (Anmerkung: eine frühere Inszensierung) so gut getroffen schien, im Keime erstickt? Für mein Gefühlt war es so, ich kann mir nicht helfen.

 

Zürcher Volkszeitung. 11.4.1923

Raumtechnische Probleme standen hier im Mittelpunkt und wurden von der Regie Direktor Wenzlers im Verein mit Architekt Otto Zollinger als Bühnenbildner überraschend geschickt gelöst. Festliche Farbigkeit ohne grelle Töne leuchtete von den Dekorationen und Kostümen, die in harmonischer Uebereinstimmung dem Auge wohliges Behaben gewährten.

 

Tagesanzeiger. 12.4.1923

Soll man noch von dem Elfenwald erzählen, der nichts von dunklem Grün, sondern nur helle, breite Schwertblätter-Dickichte aufwies und darum mehr Stil als Stimmung war, was auch von den anderen Dekorationen des Herrn Otto Zollinger-Streiff gelten darf, aber mit wunderlichem Vergnügen beschaut wurde.

 

Zürcher Rundschau. 24. April 1923

Die Ausstattung des Stückes durch Otto Zollinger ist eine künstlerische Tat stärksten Gepräges; Gefallen oder Missfallen ist bei jeder künstlerischen Leistung durchaus sekundär.

 

Zeitung unbekannt

Das Dekorative hat Architekt Otto Zollinger entworfen. Es ist farbig recht ansprechend; dem symbolisch-Stilisierenden oder stilistisch-Symbolisierenden gewinne ich nicht immer den zum Genuss notwendigen Geschmack ab. Gewiss: der Wald in jener mondbeglänzten Zaubernacht ist ein Zauberwald, durch den Elfen huschen und tollen und die Liebe ihre süsse Torheit springen lässt; aber mir will vorkommen, dieser Zauber müsste auch wirksam gemacht werden können, ohne dass die Bäume in grosse, grobe Zacken und stechende Spitzen, in rot-weiss, blau-weiss, grün-weiss verwandelt würden und damit gerade dem Geheimnisvollen des Waldesdickichts und Waldesdunkels entgegengearbeitet wäre. Aber spassig sieht sich das alles an.

 

Händels Oper „Julius Cäsar“

Stadttheater (heute Opernhaus) Zürich 1924

Hier einige Zeitungsauszüge betreffend das Bühnenbild von Otto Zollinger.

Zollinger erhielt den Auftrag aufgrund eines Wettbewerbes, welchen das Stadttheater Zürich erstmals ausgeschrieben hatte für die Bühnenbilder diverser Inszenierungen.

 

Tagesanzeiger. März 1924

Die neuen Dekorationen zu Händels „Caesar“, ebenso die Kostüme, sind nach Entwürfen von Otto Zollinger (Zürich) durch Theatermaler Isler und Lucie Wehrli (Zürich) ausgeführt worden. Diese neue Inszenierung, die Zollinger selbst als „einfache, vertikale, horizontale Rhytmen in Flächen, Linien und Farben, als einen Rahmen“ bezeichnet, „der bald fasst, bald unterstreicht, der aber nicht ergänzend illustriert,  – weder die Zeit, das Wort, noch den Ton und der auch nicht des Spielenden Bewegung fortsetzt“, darf als eine sehr glückliche Lösung des gewiss nicht leichten Problems beansprucht werden. Mit einfachen Mitteln, durchglüht von helleuchtender Farbenfreudigkeit, hat Zollinger Wirkungen erzeugt, die tieferschürfenden Eindruckes sicher sein dürfen, die aber auch Händels Oper einen szenischen Rahmen von bleibendem Wert verleihen.

 

Zürcher Volkszeitung. 26.3.1924

Zum Zürcher Erfolg des „Julius Cäsar“, dessen Schauplatz in Aegypten liegt, trugen nicht unwesentlich bei die von Otto Zollinger entworfenen Dekorationen, die allerdings weder in ihrer ornamentalen Stilisierung noch in ihrem schrillen Farben-Potpourri mit dem Geiste der Händelschen Musik recht harmonsieren wollen. Jedoch am Sinn für prunkhafte Aufmachung fehlt es dem Künstler nicht und die Buntheit der Kostüme wetteiferte mit den lapidar gemalten Kulissenstücken.

 

Bund. 4.4.1924

Es war eine Freude, das Ungewohnte in einem neuartigen, fast theaterfremden Rahmen zu sehen. Es ist dies die zweite Inszenierung, die einem Zürcher Künstler, diesmal Otto Zollinger, übertragen wurde. Eine geschlossene, sichere Leistung stellt diese Folge von neun Bildern noch nicht dar, auch keine Lösung in der Stilfrage. Wohl aber zeigt sich ein befreiendes Zurückgehen auf einfache, beruhigende Formen und den Raum erfüllenden Farben, wenn auch die Abkehr vom Illusionistischen, der Aufbau von wenigen, raumandeutenden Wänden, oft etwas spröde geriet. Als mächtiges, naturfern wogendes Ornament erscheint der Nil; zwischen hohen dunkelvioletten Torwänden eines stillen Saales findet sich das Heldenpaar; als flächige, geometrische Gebilde erscheinen die Zelte des Lagers. Besonders eindrucksvoll durch den endlichen Sieg der Farbe im Bühnenbild war der komplementär gehaltene Raum, wo eine mächtige rote Säule vor gelben Wänden steht, und vom Hintergrund her, nicht ein blauer Prospekt, sondern ein von blauem Licht erfüllter Raum hereinstrahlt.

 

Zeitung unbekannt

Otto Zollinger hatte diesem Werk den neuen Rahmen geschaffen, der in jeder Hinsicht nach Vereinfachung strebte. Mit einem Minimum an Mitteln suchte er auszukommen. Er suchte, wie er in einer eigenen kurzen Erklärung darstellte, die scheinbaren Gegensätze: Römer, Aegypten, Barock, Gegenwart in eins zusammenzufassen und die einfache Linie und die typische Farbe dafür zu finden. Der Erfolg gab ihm recht.

 

Die Estrade, 3.4.1924

Das Bühnenbild, Schöpfungen Zollingers und Theatermals Isler, ist eine Leistung für sich.

 

Zeitung unbekannt. April 1924

Händels Musik, die doch in erster Linie aufs Plastische abzielt, wurde von Otto Zollingers klatschigen Dekorationen vielfach überschrieen. Auch hat der Kunstgewerbler hier ägyptischen Flächenstil mit linearer Steifheit verwechselt.

 

Zuger Zeitung. 3.9.1924

Die Aufführung, in stilisiertem, von Otto Zollinger entworfenen szenischen Rahmen geboten, dekorativ gelegentlich wohl ein wenig phantastisch, im einzelnen aber wie den Szenen im Zeltlager vor dem Grabmal des Pompejus und in Cleopatras Palasthalle von prachtvoller Wirkung, liess die grandiosen Schönheiten der Oper stark hervortreten.

 

Zeitung unbekannt. 3.9.1924

In der neuen Inszenierung, hat Otto Zollinger (Zürich) die Entwürfe für die neuen, farbenfreudigen Dekorationen und Kostüme beigesteuert. Zollingers Stilisierungskunst und scharfer Blick für räumliche Wirkung sind früher schon an dieser Stelle gewürdigt worden. Seine gesunden Reform-Ideen hat Theatermaler Isler in die Wirklichkeit umgesetzt, und Lucie Welti (Zürich) sorgte für Kostüme, die sich dem szenischen Rahmen gut einfügten und ihm ein einheitliches harmonischen Gepräge gaben.

 

Volksrecht. 23.9.1924

Die Dekorationen und Kostüme hat Architekt Otto Zollinger entworfen. Sie sind so, wie man sie von ihm erwarten konnte. Bilder einer hemmungslosen Phantasie, die sich ein Bild vom alten Aegypten macht, das nicht unbedingt auf historischer Grundlage steht, aber das Bild konsequent durchführt, wobei allerdings Szenen von erfreulichem Reiz neben solchen von grotesker Nüchternheit oder bizarrer Verzerrtheit entstehen.

Kunstgewerbemuseum Zürich
Ausstellung Bühnendekorationen, 1924

NZZ 31.5.1924

In dieser Ausstellung wurden die Skizzen und Pläne den Beispielen der ausgeführten Bühnengrossbilder gegenüber gestellt. Bei Otto Zollinger war es Händels „Julius Cäsar“. Ein Vergleich der Entwürfe mit dem ausgeführten szenischen Rahmen zeigte, dass man nach bestem Vermögen bestrebt war, den Intensionen der Entwerfer gerecht zu werden. Zum Beispiel Zollingers auf strenge Abstraktion zielende Cäsar-Skizzen hätten durchweg eine sinngemässe Uebertragung gefunden.

 

Das Stadttheater Zürich (heute Opernhaus) hatte eine Reihe bildender Künstler Zürichs zur Mitarbeit an der dekorativen Gestaltung von Opern herangezogen. Für diese hatte sich ein willkommenes, lehrreiches neues Arbeitsfeld erschlossen. Neben Architekt Otto Zollinger gehörte dazu u.a. auch der Maler Otto Baumberger. Pro Inszenierung hatten jeweils zwei Interessenten für einen Entwurf in Konkurrenz anzutreten.

Bei der Umsetzung entstand eine Arbeitsgemeinschaft zwischen bildender Kunst und dem Theater. Mit der Ablieferung der Skizzen war natürlich die Arbeit des Künstlers noch nicht abgeschlossen. Er hatte bis zu den letzten Proben das Werden seines Werkes zu überwachen, sollten doch seine Absichten rein zum Ausdruck kommen. Die Bühnenpraxis ist noch heute eine oft sehr eigenwillige Umformerin, hat ihre eigenen Wege, mit denen sich der Künstler vertraut machen muss.

Gewerbemuseum Winterthur, 1924

Landbote, 20.11.1924

Ausgestellt war auch ein Silberpokal für das „Zürcher Flug-Meeting 1922, von Otto Zollinger, dem Schöpfer des Wehrmännerdenkmals auf der Forch.

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