Werk chronologisch
Hier werden die Werke chronologisch mit Kurzbeschreibungen präsentiert. Die Auflistung ist aktuell noch unvollständig und wird laufend ergänzt.
Wehrmännerdenkmal Forch
1922
1922 auf Initiative der Unterofffiziersgeschellschaft des Kantons Zürich errichtet zur Erinnerung an die während des ersten Weltkrieges verstorbenen Zürcher Wehrmänner.
Die Flamme aus vergoldetem Kupferblech erhebt sich auf einer Eisenbetonpyramide und steht auf der Forch, einem Uebergang von der Stadt Zürich und dem Zürichsee hinüber zum Greifensee und ins Zürcher Oberland. Es ist ein beliebtes Ausflugsziel mit herrlicher Aussicht in die Alpen. Hier findet die jährliche 1. Augustfeier der Gemeinde Küsnacht statt.
Die Ausschreibung für das Denkmal erfolgte über einen Wettbewerb, aus welchem Otto Zollinger mit seinem Entwurf „Die Opferflamme“ als Sieger hervorging.
Einweihung 1922 / Jubiläum 100 Jahre 2022
Otto Zollinger vor dem Modell für die Wettbewerbseingabe / Aufbau mit Gerüst 1922
Haus Hannig, Ensdorf (Saarlouis)
1927
Das Wohnhaus mit Praxis für den Arzt Dr. Wilhelm Hannig war das erste in der Schaffensphase von Otto Zollinger, welches dem „Neuen Bauen“ verpflichtet war. Es gehört in die Reihe der weiteren Privathäuser wie die Villa Streiff, Küsnacht 1929 und die Villa Schock, Metz 1933.
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Dieses Haus ist kein kompakter Baukörper, vielmehr addiert sich eine grundlegende Winkelform mit weiteren Einzelelementen zu einem Gesamtgefüge. Es hat keine Vorder- und Rückfront, keine eigentlich repräsentative Fassade. Die äussere Gestalt ergab sich aus dem inneren Raumkontinuum, das den Bedürfnissen der Bewohner entsprach. Auffällig war der Kontrast zwischen scharfkantigen Kuben und weich gerundeten Wandabschnitten. Die Dachterrasse glich einem Schiffsdeck. Den Baukörper überzog ein heller feiner Putz und ein dunklerer, blau-grauer grober Putz überzog Sockel, Anbauten und Untersichten. Die gesamte Inneneinrichtung inkl. Mobiliar, Küche und Praxis wurde von Otto Zollinger geschaffen. Dunkelrot und Blau waren oft verwendete Farben im Innern. Das Esszimmer hatte schwarze Wände und weisse Lackmöbel.
Das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg beschädigt und dann nicht mehr ganz originalgetreu repariert. Die Unterschutzstellung durch die Denkmalpflege 1996 war natürlich für die bereits erfolgten Veränderungen zu spät. Vom ursprünglichen Innenausbau ist nur noch der Kamin sichtbar, allerdings vollständig weiss verputzt. Die heutigen Besitzer sind sich des wertvollen, architektonischen Erbes bewusst und liessen in den frühen 2020er-Jahren die Fassade erneuern. Das Untergeschoss mit seinen Fenstern wirkt als Sockel in Tauben-Blau. Das leuchtende Weiss der Fassade hebt das Gebäude deutlich in seinem Stil hervor gegenüber den Nachbarhäusern.
Walsheim-Brauerei und Gaststätten im Saarland
1926-1934
1928/29 realisierte Otto Zollinger den Neubau der Brauerei Walsheim bei Saarbrücken, welche als eine der modernsten Brauereien galt. Anstelle der bisherigen Ziegelbauten setze Zollinger auf Beton mit den beinahe unbegrenzten Möglichkeiten. Der gewaltige Gebäudekomplex mit verschieden grossen Baukörpern und diffenzierten Bauten offenbarte einen räumlichen Zusammenklang. In einem Fabrikneubau liess sich der Stil „Neues Bauen“ mit Ansätzen zum Stil „Bauhaus“ hervorragend realisieren. Zollinger profitierte dabei von der Liebe zu zeitgenössischen Kunstformen des Inhabers der Walsheim-Brauerei, Dr. Hans Kanter. Das markante Kellerhochhaus und der Malzturm boten ideale Sujets für beste Reklamewirkung auf Plakaten, Werbeflächen, Drucksachen usw.
Ansicht heute
Event-Bierkeller
heute
Marlen Dittmann (siehe Quellennachweis) beschrieb den Bau wie folgt: Zollinger vereinte die einzelnen Funktionen – Kellerhochhaus, Sudhaus, Malzturm und Trebertrockenanlage – zu einem horizontalen Gesamtkomplex. In Gebäudemassen und Detaillierung blieben sie jedoch als je besondere erkennbar. Aus verschieden grossen Baukörpern und differenzierten Bauten gewann der Bau den räumlichen Zusammenklang. Die bündig in der Wand liegenden Fensteröffnungen – zu Bändern zusammengefasst oder grosse Glasflächen, in kleine Rechtecke unterteilt – gliederten die verputzen Betonwände. Als schmaler, kastenartiger Erker sprang ein senkrechtes Fensterband am Malzturm hervor, überragte diesen um ein Beträchtliches und bezeichnete das dahinterliegende Treppenhaus. Dieser schmale Glaskasten streckte sich nach oben in die Höhe und setzte ein weithin sichtbares Zeichen.
Die Aussenwände des Kellerhochhauses, waren vollständig geschlossen. Erst der zweigeschossige Aufbau bestand aus einem Eisenbetonskelett mit Ausfachung, vielen Fenstern und Jalusien, zeigte also, verglichen mit dem unteren Teil, eine lebhaftere Gliederung, welche durch die architektonische Betonung der Rahmen, welche das grosse Kühlschiff frei überspannten, noch verstärkt wurden. Ein Drittel der Dachfläche war von einer Laterne, ebenfalls aus Eisenbeton, bekrönt. Diese bezweckte eine rasche Abfuhr der Schwaden über der sich abkühlenden Würze aus dem Kühlschiff.
Ueber die Farbigkeit dess Aussenbaus gibt es keine Angaben. Die blau-weisse Kachelwandgestaltung im Sudhaus, ein abstraktes Muster, stammte von Fritz Streiff, einem Vetter Zollingers Ehefrau, Freda Zollinger-Streiff. (Ende Beschreibung Dittmann)
Zur Förderung des eigenen Bierabsatzes betrieb die Brauerei zahlreiche Gaststätten im Saarland, meistens in Form damalig neuartiger Schnellgaststätten mit kleinen Tellegerichten für das Arbeitsschichten- und Fahrplanleben der vor allem im Bergbau werktätigen Bevölkerung. Zollinger erhielt den Auftrag für die Innenausbauten und Aussengestaltungen. Architektur, Mobiliar und Dekoration bildeten eine Einheit. Viele Dekorationsmalereien stammten von seiner Ehefrau und meiner Grossmutter Freda Zollinger-Streiff. Auch in diesen Gaststätten konnte die moderne Atmosphäre geschaffen werden, welche dem Kunstgeschmack von Inhaber Hans Kanter entsprachen. Es kamen noch weitere Gaststätten dazu bis in die Region Lothringen und sogar Turin. Dieses Betätigungsfeld Zollingers bis 1934 bildete dann auch den Grundstein für die ersten Mövenpick-Restaurants. Es lassen sich viele Parallelen erkennen in Gestaltung von Innenausbau, Mobiliar und Dekoration. Da aus jener Zeit nur Schwarzweissfotos existieren, muss die Farbgestaltung in der Brauerei und den Gaststätten erahnt oder sich auf Grund der wenigen Beschreibungen vorgestellt werden.
Im Jahre 1935 wurde Hans Kanter von den Nationalsozialisten als Hauptaktionär der Walsheim-Brauerei enteignet. Unter dem Beschuss französischer Truppen wurden die Gebäude teilweise beschädigt und 1942 dann die Liquidation angeordnet. Später wurde die Anlage abgebrochen und das Grundstück in Einzelparzellen aufgeteilt, wo heute Wohnhäuser stehen.
Die Zerstörung des Lebenswerks von Hans Kanter und das Schicksal der Brauerei berühren mich sehr und ich verweise auf die Schrift seiner Enkelin Claudia Schoch Zeller, siehe Quellennachweis.
Villa Streiff, Küsnacht
1929
1929 erhielt mein Grossvater Otto Zollinger von seinem Schwiegervater, meinem Urgrossvater Harry Streiff den Auftrag für eine Villa in Küsnacht. Dieser exklusive Bauauftrag erwies sich als Glücksfall – er hatte keinen Konventionen zu folgen. Wahrscheinlich gerade deshalb wurde das Jahr 1929 für den 43-jährigen Architekten zum Wendepunkt in seinem Schaffen. Zollingers gelungene Verbindung von Schiffsbau und Architektur machte aus der Villa Streiff ein geankertes Schiff auf der Wiese. Durch seine gerundeten Ecken und die weit auskragenden Balkone gleicht dieses dreigeschossige Gebäude einem Ozeandampfer und ist in seiner Schiffsästhetik ein architektonisches Kind seiner Zeit. Es gilt heute als Stilikone der Moderne. Vermutlich hat die Biografie des Bauherrns Streiff zum Schiffscharakter beigetragen. Als erfolgreicher Geschäftsmann reiste er viel auf die Philippinen und verbrachte Monate seines Lebens auf See. Der Gedanke ist nicht abwegig, dass er mit seiner Altersresidenz die Erinnerungen an die langen Schiffahrten nach Fernost wachzuhalten suchte.
Beschreibung
Ueber einen massiven Sockel mit einer Verkleidung aus dunkelrotem Klinker ragt das schwarze, stromlinienförmige Haupthaus in Richtung See. Zwei weit auskragende, übereinanderliegende Terrassen mit Geländern aus filigranen Aluminiumrohren erinnern an Kommandobrücken mit einer Reling. Ein zurückversetzter weisser Kubus auf der Nordseite beherbergte das Personal und die Wirtschaftsräume. An der Südseite gegen den Garten fügte Zollinger den Speisesaal als eingeschossigen, weissen Rundbau an das Haupthaus an.
Ebenfalls einmalig ist das progressive Farbschema: blaue, gelbe, grüne und orangefarbene Räume im Innern sowie eine Komposition von Rosa (Fensterzargen), schwarzem Fassadenputz und Silber im Aeusseren. Der kreisrunde Speisesaal wieder erstrahlt in hellem Gelb und das Treppenhaus zeigt sich in maritimem Azurblau. Auch im Innern scheint sich das Schiffsmotiv fortzusetzen mit der geschwungenen einläufigen Treppe, den Türklinken mit ihren langen Griffen und den nach aussen orientierten Räumen.
Eindrücklich ist das Farbschema, das Zollinger aussen und innen verwirklichte: mit seinem Akkord Silber-Schwarz-Weiss-Rosa sitzt das Gebäude behäbig und hoch elegant im tiefen Grün seiner Wiesen zwischen den Obstbäumen. Das Farbkonzept war ein Bekenntnis zur farbigen Architektur – dies zu einer Zeit, da das einfarbige Weiss bereits zur allgemeingültigen Farbe der Avantgarde-Architekten avancierte und die Farbigkeit als gestalterisches Element der Moderne zum Verschwinden brachte.
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Denkmalschutz und Restauration
Nach dem Tod von Harry Streiff 1939 wurde das Haus von seinen fünf Kindern als Erben verkauft und mit den neuen Besitzern erfolgte quasi eine fast komplette Neutralisation, indem sie sowohl die Fassade als auch die Innenräume weiss überstreichen bzw. weiss tapezieren liessen. Baulich hingegen erfuhr die Villa zum Glück nur wenige Eingriffe und etliche Elemente der Innenausstattung waren nahezu unverändert erhalten geblieben. Anlässlich einem erneuten Besitzerwechsel 2009 wurde die Villa unter Denkmalschutz gestellt. Die Renovation erfolgte nach dem Prinzip „Bergen und Verbergen“. Um denkmalpflegerische Anliegen und Bauherrenwünsche zu versöhnen, wurde nach dem Prinzip des „Verdeckens von Entdecktem“ vorgegangen. Die Bedeutung der Farbigkeit für die architektonische Wirkung des Gebäudes musste der neuen Bauherrschaft, die in ihren ursprünglichen Absichten von der nach wie vor verbreiteten Vorstellung einer weissen Moderne ausgegangen war, zuerst vermittelt werden. Zumindest für das Aeussere der Villa Streiff war es denn auch das unmittelbarste denkmalpflegerische Ziel, dem Erscheinungsbild zur Bauzeit möglichst nahe zu kommen, was dann auch weitgehend erreicht werden konnte.
Da in den 30er-Jahren noch keine Farbfotos möglich waren, mussten die ursprünglichen, darunterliegenden Farbschichten durch restauratorische Untersuchungen oder auf Grund von Beschreibungen Zollingers oder detaillierten Beschreibungen von Materialien und Farben mit Fotoreportagen in Fachzeitschriften, wie z.B. Das ideale Heim, ermittelt werden.
In den Innenräumen wurde das „Verdecken von Entdecktem“ zur einzigen Möglichkeit, um denkmalpflegerische Anliegen und Bauherrenwünsche für die Gestaltung der privat bewohnten Räume unter einen Hut zu bringen, dies nach dem Prinzip „Aufdecken und Bergen oder Verbergen“. So wurden diverse neue Wand- und Deckenanstriche in einem reversiblen System mit Spezialfarbe angebracht.
Nicht freigelegt wurden die Portraits der Enkelinnen (darunter meine Mutter Elian) und Enkel von Harry Streiff, welche meine Grossmutter und Kunstmalerin Freda Zollinger-Streiff, Tochter des Bauherrn und Gattin des Architekten, auf Schiebeläden im Arbeitszimmer gestaltet hatte.
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Ich empfehle allen Interessierten, das Haus Zürichstrasse 21 in Küsnacht von der Strasse unten her zu bestaunen. Der Zutritt auf das Privatgelände ist untersagt und eine Besichtigung des Privathauses ist nicht möglich.
Der Grossteil des vorhergehenden Textes sind Auszuge aus Publikationen von Pietro Wallnöfer, lic.phil.I, wissenschaftlicher Mitarbeiter Kantonale Denkmalpflege Zürich. Auch die 2 Farbfotos der Innenaufnahmen stammen aus diesen Publikationen. Siehe Quellennachweis.
Vevey Corseaux Plage
1929
Dieses Werk ist Otto Zollingers meistpubliziertes Werk in vielen internationalen Fachzeitschriften. Noch 1953 wurde es in das in Tokio erschienene Buch über Schweizer Architektur in der Reihe „worlds contemporary architecture“ aufgenommen. Es ging als Sieger aus einem Wettbewerb hervor.
Der Bau erfolgte im gleichen Jahr wie die Villa Streiff und das Haupthaus weist viele Aehnlichkeiten auf mit der grossen Terrasse im Obergeschoss, welche schiffsdeckähnlich gegen den Lac Léman hinausragt. Der Stil „Neues Bauen“ ist unverkennbar. Zollinger äusserte sich folgendermassen: Das Strandbad Vevey steht unter dauernder Dynamik. Terrassen stossen und schieben, Stützen tragen, Treppen ergiessen sich, Plätze lagern, Schatten wandern lichtverdrängend, Lichter blenden schattenversengend – alles ist unendlich in Bewegung wie der See. Das Bad ist eine Art Bühne und alle Besucher sind Akteure.
Marlen Dittmann (siehe Quellennachweis) schreibt: Es war ein kühner Wurf, dessen Besonderheit darin bestand, dass dem neuzeitlichen Baustoff Eisenbeton ein ganz hervorragendes und wechselvolles Wirkungsfeld eingeräumt wurde. Vor der malerischen Bergkulisse erhebt sich der weisse Kubus des Terrassenrestaurants mit raumhohen Glaswänden und einem weit vorkragenden Dach, das dünne Stützen tragen. Ein grosser Betonpilz auf der Terrasse dient als Sonnenschirm. Ein langer Steg führt zum grossen Sprungturm zu, der sich als plastisches Monument aus dem See streckt und den die mutigen Springer über eine freitragende, sich um den Betonschaft windende Treppe erklimmen müssen. Die Funktionalität und Sachlichkeit, auch die Aesthetik all dieser Bauelemente setzte Zollinger vor einer grandiosen Landschaft wirkunsvoll in Szene, so finden auch die Besucher einen Rahmen vor, in dem nun sie sich ihrerseits zur Schau stellen und ihre sportlichen Leistungen bewundert werden können. Das Interesse an Strand, Luft und Sonnenkult war überall sehr gross und so wurden damals in der Schweiz viele Strandbäder eröffnet (Ende Zitat Dittmann).
Heute sind nur noch das Hautgebäude mit Restaurant und Sprungturm vorhanden. Die Treppenstufen zum See und die Stege sind der Aufschüttung zum Opfer gefallen, welche jetzt eine Wiese und ein grosses Schwimmbecken beinhaltet. Der Sprungturm steht nicht mehr frei im See sondern an den aufgeschütteten Uferfelsbrocken. Aus Sicherheitsgründen ist er für die Benutzung gesperrt
Auch weitere Bereiche wurden umgebaut, so auch das Restaurant. Dieses wird betrieben unter dem Namen „Vevey Corseaux Plage“ www.veveycorseauxplage.ch. Vom Innenraum mit der grossen Glasfront hat man eine sehr schöne Sicht auf den See und die riesige Terrasse. Speziell empfehle ich die Filets de Perches. Im ursprünglichen Restaurantraum war der Stil Zollingers betreffend Innendekoration und Möblierung unverkennbar und zeigte gleiche Elemente, wie er sie in den Gaststätten im Saarland und später bei den ersten Mövenpicks verwendete.
Das Hautgebäude und der Sprungturm stehen glücklicherweise unter kantonalem Denkmalschutz (Waadt) und auch der Wirt interessiert sich sehr für die Geschichte der Anlage. Ich bin in Kontakt mit den zuständigen Stellen und werde sicher bald erfahren, was für die Zukunft so geplant ist.
Casino Kursaal Lido, Ascona
1930
Die Konstruktion mit dem schlichten Innenraum und den grosszügigen gläsernen Eingängen kommuniziert mit der Aussenwelt, indem sie sich mit der Schönheit der Natur verbindet.
Der grosse Salon und die grosszügige Terrasse zum See hin erlaubten die öffentliche Nutzung für Spiele und gesellschaftliche Aktivitäten, die in den vergangenen Jahrzehnten das öffentliche Leben prägten.
Im Jahr 2004 wurde das Gebäude umfassend aber sorgsam renoviert unter Respektierung der historischen und kulturellen Vergangenheit aber unter Berücksichtigung der heutigen Anforderungen an Sicherheit und Hygiene in der Gastronomie. Unter dem Namen „Delta Beach Lounge“ werden ein Restaurant, eine Bar und eine Eventlocation betrieben. www.deltabeach.ch
Haus der Arbeiterwohlfahrt, Saarbrücken
1930
Das Haus der Arbeiterwohlfahrt war 1930 der erste Bau in den Formen des neuen Architekturstils Neues Bauen in Saarbrücken. Einige Autoren ordnen es auch dem Bauhaus-Stil zu. Aufgrund seiner modernen Gestaltung fand das Gebäude überregional grosse Beachtung. Im Krieg wurde es schwer beschädigt und dann beim Wiederaufbau stark verändert.
1929 erhielt Otto Zollinger den Auftrag ein bestehendes Militärgebäude für die Zwecke der Arbeiterwohlfahrt, welche in der Armenpflege tätig war, umzubauen. Er verwandelte ein militärisches Gebäude in einen sozialen Zwecken dienenden Bau.
Marlen Dittmann (siehe Quellennachweis) beschreibt (auszugsweise) das Gebäude wie folgt: Scheinbar beliebige Lichtöffnungen sind eingeschnitten in die schmucklos glatten Wände vom Baukubus. Nichts verbindet sich mit dem traditionellen Gebäudeaufbau der Nachbarhäuser, mit deren Geschossgliederung und vertikalen Fensterachsen. Schmale Rechteckfenster liegen über breiten Fensterbändern. Das senkrechte Fensterband markiert das Treppenhaus und findet ein Gegengewicht in der horizontalen Brüstung des Dachgartens. Der hohe Kamin unterstreicht das Aufsteigende des Baus. Der horizontale Sockel wirkt wie eine Verankerung im Boden, damit die so leicht wirkende Architektur nicht entschwebt. Die rahmenlosen Fenster sitzen in der Fassade vertieft oder treten als Kasten hervor. Durch den weit zurückliegenden Eingang gelangt man ins grosse Foyer mit 500plätzigem Saal. Von dort führt eine elegante Treppe ins 1. Obergeschoss mit Lehrsaal, Bibliothek, Lesezimmer und Büros. Der 2. Stock hat karitativen Charakter und im Dachgeschoss liegen die Hausmeisterwohnung und ein Restaurant mit schöner Dachterrasse.
Bei keinem seiner Bauten verzichtete Zollinger auf die Zusammenarbeit mit bildenden Künstlern – so auch hier. Die farbige Verglasung der Fenster im grossen Saal stammte von Fritz Streiff, einem wichtigen Mitarbeiter in seinem Saarbrückner Büro. Er war verwandt mit Zollingers Ehefrau Freda Zollinger-Streiff, welche, wie schon erwähnt, in vielen Bauten Dekorationen malte. Für die Treppenwand in der Halle des ersten Stocks schuf Käthe Kollwitz ein Sgraffito „Mütter wehren die Not von ihren Kindern“. Alfons Magg schuf das Steinzeugrelief am Eingang „Familie, als Symbol der Häuslichkeit“ – es zeugt als einziges heute noch vom Zollinger-Bau. Alle Werke wurden von den Künstlern gestiftet und symbolisierten die Idee und das Wesen der Gemeinschaft, also den Zweck des Hauses.
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Rechts: Käthe Kollwitz
vor Ihrem Sgraffito „Mütter wehren die Not von ihren Kindern“
Mitte: Otto Zollinger
Links: Fritz Streiff
Ca. 1930. Zerstört durch die Nationalsozialisten 1936
Das Haus erregte Aufsehen in diversen Fachzeitschriften: Man hat in ihm radikal die Formen des neuen Architekturstils zur Anwendung gebracht / Der Bau bietet sich dar als ein nach strengen Richtlinien moderner Architektur erstelltes Gebäude mit wundervoll einfacher Linienführung / Es ist ein neues Haus, dessen neue Formen von modernem Geist und zeitvollem Streben erzählen.
Das Gebäude blieb aber in Saarbrücken des erste und einzige in den Formen des neuen Architekturstils. Schon bald wurde von der Nazidiktatur der regionaltypische Heimatstil verordnet.1936 wurde die Arbeiterwohlfahrt enteignet und der Reichssender Saarbrücken zog ein. Die Wandmalerei von Käthe Kollwitz wurde von den Nationalsozialisten wegen ihrer Antikriegsbotschaft im gleichen Jahr zerstört. Erst nach dem Krieg erhielt die Arbeiterwohlfahrt ihr Haus stark beschädigt zurück. Durch verschiedene Umbauarbeiten, Anbauten und Aufstockungen haben sich das Aeussere und Innere des Hauses im Laufe der Zeit verändert. Das grosse Eingangsfoyer wurde mit Räumen unterteilt und das Treppenhaus zeigt sich weniger eindrücklich, vermutlich infolge des Wiederaufbaus nach Zerstörungen. Einen guten Eindruck vom früheren Aussehen gibt noch heute, dank der Denkmalpflege, die markante Stahl-Glas-Fassade vor dem Treppenhaus, welche heute in roter Farbe aus der kürzlich erneuerten weissen Fassade hervorsticht. Insgesamt macht das Gebäude heute einen sehr frischen Eindruck. Für Juni 2024 ist ein grosses Fest geplant „100 Jahre Arbeiterwohlfahrt“, wo dann hoffentlich auch Otto Zollinger in irgendeiner Form gewürdigt wird.
Fotos 2024
Rechts Relief Alfons Magg
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Villa Schock, Metz
1933/34
Dieses Wohnhaus ist der besterhaltene Bau von Otto Zollinger ausserhalb der Schweiz. Damals wurde es erbaut im Auftrag des Bauherrn Ferdinand Schock. Das meiste ist noch original und es wird vom heutigen Besitzerpaar liebevoll gepflegt dank dem Bewusstsein für dessen Geschichte. Die Villa Schock ist im Stil „Neues Bauen“ und stammt aus derselben Schaffensphase Zollingers wie die Villa Streiff, Küsnacht und das Haus Hannig, Ensdorf (Saarbrücken) und diese Phase fand hier ihren Höhepunkt.
Marlen Dittmann (siehe Quellennachweis) beschreibt das Werk wie folgt: Ein feingliedriger Bau in vornehmer Zurückhaltung, ohne Zierelemente. Das Haus wurde errichtet in einem alten Park eines kleinen Barockschlosses und entstand in konsequent moderner, sachlich geprägter Formensprache. Es schmiegt sich um ein rundes Wasserbecken, das bereits vor dem Hausbau bestand und zum Ausgangspunkt der Gebäudekomposition wurde. Das flachgeneigte Pultdach und die Flächigkeit der ruhigen Umfassungswände verstärken die Wirkung des kubischen Hauskörpers mit dem zurückgenommenen Obergeschoss. Eckfenster verklammern die aneinanderstossenden Wände und unterstreichen die plastische Kraft des Baus. Haus und Landschaft stimmen miteinander überein, vor allem auch in der grossen Dachterrasse. Das die Terrasse abschliessende rechtwinklige Betontor, eine Pergola, wirkt wie ein Rahmen für die Aussicht in den Garten, welche damit etwas Bildhaftes, Bühnenmässiges erhält. Diese Pergola ist gleichzeitig ein Pendant zum Teeplatz jenseits des Wasserbeckens an der äusseren Grundstückmauer. Kein ornamentaler Schmuck, keine Materialkomposition durchbricht die weiss überstrichenen, schalungsroh belassenen Betonmauern. Belebt werden diese durch Fenster- und Türöffnungen, deren graugestrichene Rahmen sich zart absetzen.
Der sachlich-eleganten Wirkung des Aeusseren entsprach die zurückhaltende Möblierung innen, in einem weitgedehnten und sorgfältig gegliederten Raumganzen, das ausser zwei schlanken, weissglänzenden Säulen im Erdgeschoss keine festen unterteilenden Elemente enthält. Auch die Inneneinrichtung wurde von Zollinger entworfen. Stoffbespannte Wände, ein durchgehender Teppichboden und Möbel in naturbelassenem Birnbaumholz unterstrichen den Farbklang des Raumes aus Beige, Braun und Schwarz.
Technische Raffinessen wie versenkbare Fenster, Schiebetüren, beidseitig nutzbare Einbauschränke sowie die Berücksichtigung neuester Arbeitstechniken zeichneten die Wohnhäuser Zollingers aus. Die Vereinfachung der Bauformen und neue Konstruktionen verbinden sich zu Zweckmässigkeit und Schönheit. (Ende Dittmann)
Zur Ehren des Architekten wurde im Quartier eine Rue nach Otto Zollinger benannt.
Art déco Interieurs
Saarbrücken
1924-1939
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Otto Zollinger schuf diverse Innenausbauten von Privathäusern und Kaufgeschäften im Stil des Art déco. Die wichtigsten in Saarbrücken sind:
1924 Privathaus Herz (Innenausbau teilweise erhalten)
1925 Emil Kahn, Konfektion und Schuhwaren (im Krieg zerstört)
1938 Kaufhaus Overbeck (im Krieg zerstört)
Da aus dieser Zeit nur Schwarzweiss-Aufnahmen vorhanden sind, muss man sich die Farben vorstellen auf Grund von Beschreibungen Zollingers oder in Fachzeitschriften. Auf jeden Fall herrschte in den Räumen eine grosse Farbigkeit. Ergänzend dazu Möbel in den passenden Naturholzfarben oder Beschläge, Lampen und Geländer aus Chromstahl, Messing oder bemaltem Eisen.
Marlen Dittmann (siehe Quellennachweis) beschreibt das Wirken Zollingers für solche Inneneinrichtungen wie folgt: Wo man in diesen Räumen auch hinsehen mag, überall erlebt der Blick eine Ueberraschung, immer begegnet die tastende Hand einem neuen Reiz, vor allem wird das Auge mit farbigem Reichtum beinahe übersättigt: die Formen überschneiden sich reizvoll, die Farben begegnen sich unauffällig und heben sich gegenseitig hervor, indem sie sich zugleich auch ergänzen. Jede Form, jeder Gegenstand ist aus einer besonderen Begegnung entstanden, jeder Schmuck, jedes Schild ist von Zollinger selber entworfen und zeugt von einem feinen Geschmack in der schmückenden Form, jeder Schrank, jedes Stück eines Geländers, jedes Kissen. Jeder Vorhang ist auf das Ganze abgestimmt und zeigt doch oft, wenn auch unauffällig, das eigene Gepräge, das dieser Gestalter vielem zu geben vermag: seine besten Schöpfungen haben in der Form eine Einfachheit und eine Reinheit, die kaum zu überbieten sein wird. Wenn er seine Innenräume entwirft, denkt er bereits schon an alles was dabei mitsprechen kann, er denkt an die Masse und Farbe der Mauern und Säulen, die er zu gliedern hat, er denkt an Kanten, die im Licht und andere, die im Schatten liegen, er rechnet von vornherein mit der Wirkung des Schattens. Ueberschneidungen, die sich einstellen können, sind sorgfältig berechnet.
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Mövenpick
Zürich, Luzern, Bern
1948-1953
1948 entstand mit dem Claridenhof in Zürich das erste grosse Bürogebäude. Ueli Prager sah hier die Chance, ein Gastronomiekonzept für die grosse Zahl der Büroleute zu realisieren, was es bisher in Zürich nicht gab: Schnell etwas gutes essen. Er hatte gewusst, dass Otto Zollinger viel Erfahrung hatte im Bau von Schnellimbissgaststätten in Saarbrücken und kannte auch seinen modernen Architekturstil. Prager beauftragte Zollinger mit dem Innenausbau der ersten drei Mövenpicks in Zürich, Luzern und Bern. Ausser der Idee hatte Prager aber noch keinen Namen für die Restaurants. Zollinger ging oft zu Fuss von seinem Büro am Zeltweg über Bellevue und Quaibrücke zur Baustelle am Claridenhof. Dabei warf er gelegentlich Brotstück an die Möwen, welche diese im Flug pickten. Und schon war der Vorschlag für einen Restaurantbegriff geboren: Mövenpick, wie die Möwen, welche schnell etwas feines picken. Prager war begeistert vom Namen, welcher dann aber mit V statt mit W verwendet wurde. Diese drei ersten Restaurants existieren nicht mehr, aber Mövenpick ist heute eine weltbekannte Marke.
Otto Zollinger, links
im Gespräch mit Ueli Prager
1950er Jahre
In den 1950er-Jahren realisierte Otto Zollinger diverse Einfamilienhäuser und öffentliche Bauten, welche alle, von mir aus gesehen, im ähnlichen Stil erstellt sind. Merkmale sind Holzteile und sichtbare Backsteine an und in der Fassade sowie die Anlegung der Schrägdächer.
1948. Schwimmbad Adliswil. Das ehemalige Garderobegebäude steht noch, wird von einer Therapie genutzt und steht leider sehr vernachlässigt da. Interessant die treibhausähnlichen, grossen, schrägen Fenster.
1953. Einfamlienhaus Freda Zollinger-Streiff, Küsnacht. Otto Zollinger baute es während seiner dritten Ehe für seine zweite Ehefrau, meine Grossmutter. Sie hatte auch viele Dekorationsmalereien für ihn gemacht in Gebäuden während der Saarbrückner-Zeit und auch in Mövenpicks. In einer gewissen Weise erinnert das Haus an die Villa Streiff, ebenfalls in Küsnacht, und zwar durch die überragende Oeffnung auf die Seeseite und dem relingartigen grossen Balkon, platziert in einer Wiese, aber infolge des Holzes vielleicht mehr an ein Segelschiff als einen Ozeandampfer. Infolge Erbfolge war es nicht möglich, das Haus in der Familie zu behalten und ist heute durch einen Neubau ersetzt.
1956. Abdankungshalle Friedhof Adliswil. Heute nicht mehr als solche genutzt und heisst jetzt Helen Dahm-Haus. Grosse Wandfresken von Helen Dahm, einer Künstlerfreundin. Eine Auffrischung täte gut.
1958. Seilbahn Adliswil-Felsenegg, Tal- und Bergstation. Heute glücklicherweise sorgfältig renoviert, dem Zeitgeist entsprechend in gepflegtem Grau und Weiss und nicht mehr in den ursprünglichen Farben mit Gelb und ziegelroten Backsteinen.
1959. Haus Deslarzes, Adliswil. Bis heute konnten weder ich noch das Bauamt herausfinden, ob das Haus noch steht.
1950er. Haus Otto Zollinger, Hündlistrasse, Adliswil. Sein kleines Einfamilienhaus ist heute durch einen Neubau ersetzt, aber es steht talseits noch das von Zollinger erstellte Nachbarhaus, welches nach meiner Kindheitserinnerung gleich oder sehr ähnlich ist. Dieses sieht leider sehr vernachlässigt aus und ich zeige deshalb keine Foto.